Rechtsanwältin Hussain-Hämäläinen erstreitet interessante Entscheidung zu Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers

In einem Verfahren eines Berufskraftfahrers, den ich am Arbeitsgericht Offenbach am Main vertreten habe, hat das Arbeitsgericht, Az.: 2 Ca 339 / 22, betreffend einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Abmahnung zugunsten meines Mandanten entschieden. Die Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen.

Hintergrund: Mein Mandant hatte sich geweigert, eine vom Arbeitgeber angeordnete Fahrt zu einer Baustelle zu machen. Der Arbeitgeber sprach daraufhin die Abmahnung aus. Das Gericht hielt diese für unwirksam, weil der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Auch andere Arbeitnehmer hätten diese Fahrt unternehmen können. Warum das ausgerechnet mein Mandant sein musste, hatte der Arbeitgeber nicht dargelegt. Aus den Urteilsgründen, die am 14. April 2023 mitgeteilt wurden:

„Vorliegend hat die Beklagte zur Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens
bei der Erteilung der Weisung vom 6. Februar 2023 nicht vorgetragen. Nach dem
Inhalt des Abmahnungsschreibens betraf die Weisung die Durchführung der einzigen
im Betrieb der Beklagten am 7. Februar 2023 anfallenden Fahrt. Damit wären hierfür sämtliche bei der Beklagten beschäftigten Berufskraftfahrer in Betracht
gekommen. Die Beklagte hat die Auswahl dahingehend getroffen, dass der
Kläger die Fahrt durchführen sollte. Dass der Kläger im Zeitpunkt der Weisung
weniger schutzwürdige Interessen als die anderen Berufskraftfahrer hatte, hat
die Beklagte nicht vorgetragen. Hierzu hätte insbesondere deshalb Anlass bestanden,
weil sich der Kläger laut den im Abmahnungsschreiben enthaltenen Angaben
darauf berufen haben soll, die zugewiesene Arbeitszeit stehe in keinem
Verhältnis zu dem damit verbundenen Aufwand für An- und Abfahrt. Hinzu
kommt, dass der Kläger sich zur Begründung des Klageantrags darauf berufen
hat, dass er für den 7. Februar 2023 ursprünglich nicht zur Arbeit eingeteilt war,
sondern nur drei andere Arbeitnehmer, und für diesen Tag daher einen Zahnarzttermin
um 14.00 Uhr vereinbart hatte. Diese Behauptung gilt gemäß § 138 Abs.
3 ZPO als zugestanden, da die Beklagte ihr nicht substantiiert bzw. im Wege des
Bestreitens mit Nichtwissen entgegengetreten ist. Die Beklagte hat nicht dargelegt,
aus welchen Gründen vor diesem Hintergrund keiner der drei anderen sich
im Dienst befindlichen Arbeitnehmer für die Übernahme der Fahrt am 7. Februar
2023 in Frage gekommen ist.“