Muss vor der Kündigung eines Geschäftsführers der Betriebsrat angehört werden?

Vielleicht!

Denn diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Frage führt zu einer für Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen und ihre Abfindungsverhandlungen sehr entscheidenden Vorfrage. Nämlich der,  ob sie Geschäftsführer oder Arbeitnehmer oder sogar beides sein können und ob sie vor dem Arbeitsgericht klagen können oder vor den Zivilgerichten (hier Landgerichte) klagen müssen oder sogar bei beiden klagen sollten.

Warum wollen Geschäftsführer überhaupt vor den Arbeitsgerichten klagen?

Die Arbeitsgerichte haben besondere Sachkunde im Arbeitsrecht, sie sind auf das Arbeitsrecht spezialisiert (die Zivilgerichte nicht), die Richterbank am Arbeitsgericht ist auch mit ehrenamtlichen Richtern aus der Arbeitnehmer- Arbeitgeberschaft besetzt. Ganz überwiegend sind die Arbeitsgerichte arbeitnehmerfreundlich. Sie sind sogar Arbeitnehmerschutzinstanzen.

Auch sind die Verfahren vor den Arbeitsgerichten kostengünstiger. Es ist kein Gerichtskostenvorschuss zu zahlen und in erstinstanzlichem Urteilsverfahren trägt jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten selbst und zwar unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens. Es ist also deutlich risikoärmer, als ein Verfahren vor den Zivilgerichten.

Grundsätzlich gilt:

Ein Geschäftsführer gehört zum Arbeitgeberlager und kann keine Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten erheben. Er muss vor den Zivilgerichten (hier Landgerichte) klagen. In der Regel braucht er sich auch keine großen Hoffnungen auf eine Abfindung zu machen. Denn Geschäftsführer haben in der Regel keinen Kündigungsschutz – es sei denn, sie haben ihn vereinbart. Das ist leider selten der Fall. Bei der Anstellung denkt man in der Regel eben nicht an die Kündigung und wie man sich schützen und absichern könnte.

Aber was sehr viel häufiger vorkommt und leider auch oft übersehen wird, ist, dass ein Geschäftsführer beides sein kann. Er kann ein Arbeitnehmer und zusätzlich ein Geschäftsführer sein, der den Status aber nur der Form halber hat (pro forma Geschäftsführer), d.h. zwar im Handelsregister eingetragen ist, aber tatsächlich nichts zu sagen hat. Zumindest nicht so, wie das bei Geschäftsführern zu erwarten wäre. Oder aber, er ist tatsächlich ein Geschäftsführer, aber es gibt noch ein bestehendes Arbeitsverhältnis, das nicht formwirksam beendet worden ist.

Wenn er also (neben oder statt seiner Geschäftsführer Stellung) ein Arbeitnehmer ist, muss nach § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG der Betriebsrat vor der Kündigung des Arbeitnehmers angehört werden, sonst ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwingend unwirksam.

Ich habe am Hessischen Landesarbeitsgericht dazu einen bahnbrechenden Fall gewonnen, der sehr breit in Medien und von Anwälten und Gewerkschaften zitiert und besprochen worden ist: Ein Geschäftsführer, der im Handelsregister eingetragen war, durfte vor den Arbeitsgerichten klagen, weil er nämlich keinen Geschäftsführeranstellungsvertrag, sondern nur einen Arbeitsvertrag hatte. Er bekam im Vergleichswege ein Jahresgehalt von seinem Arbeitgeber bzw. dem Dienstherren und das sogar in einem Kleinbetrieb.

Ich verweise auf meinen Blogbeitrag unten vom 25. März 2023 zu dem von mir erstrittenen Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts, Aktenzeichen: 19 Ta 507/21. Auch an anderen Arbeitsgerichten habe ich erfolgreich Geschäftsführer bei Kündigungsschutzklagen vertreten, z. B. am Arbeitsgericht Wiesbaden und Arbeitsgericht Offenbach am Main u. a. Ich verweise auf meine Blogbeiträge unten.

Sind Sie Geschäftsführer und haben Sie die Kündigung erhalten? Kontaktieren Sie uns an! Frau Rechtsanwältin Hussain-Hämäläinen, LL.M. berät und vertritt sie persönlich.